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Dream ~ Chapter 6

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:bulletyellow: Der Tag, an dem alle Träume wahr wurden :bulletyellow:
~ Kapitel 6 ~

„Verdammtes Teil! Ich…“ Will verfluchte seinen Rollstuhl schon zum hundertsten Mal. Niedergeschlagen rollte er ein Stück von der Tischkante weg und vergrub sein Gesicht in den Händen. Alles, worüber er im Krankenhaus sinniert hatte, alles, was ihm Mut gegeben hatte, war weg. Hier war er allein. Hier hatte ihn die Ausweite seiner Behinderung mit voller Wucht getroffen.
Er hatte nicht einmal den Mut aufgebracht, seine Bibel aufzuschlagen, zu groß war seine Verbitterung. Er fühlte sich hilflos, nutzlos, schmutzig … und eingesperrt.
„Gottes Plan? Ha! Was soll mir das hier noch Gutes bringen?“, sagte er bitter zu sich selbst. „Warum sucht Gott sich nicht jemand anderen für seinen Plan aus? Warum gerade ich? Warum ich?!“, rief er jetzt, die Fäuste geballt. Tief in seinem Inneren wusste er, dass seine Gedanken falsch waren, dass ihm eine solche Anklage nicht zustand. Und doch war sein ganzer Mut, die ganze Zuversicht wie verflogen.
Selbst sein eigener Bruder mied ihn! Dass Kain sich so schrecklich schuldig fühlte, dass er Will nicht unter die Augen treten konnte, das ahnte er nicht. Nein, im Moment schien es ihm, als wären alle anderen schuld, nur nicht er.

Resigniert rollte er zum Fenster und starrte wie so oft hinaus. Es war kurz nach Mittag an einem sonnigen, warmen Tag, und so waren nur wenige auf den Straßen unterwegs. Lieber sonnten sie sich in ihren Gärten oder im Bad, an einem solchen Tag dachte niemand an seine Pflichten oder Probleme. Natürlich nicht!
Die Hitze flimmerte über der Straße, doch dank den kleinen Häusern und weitläufigen Straßenzügen ihres Vororts gab es keine Plätze, an denen sie sich übermäßig stauen konnte. Hin und wieder ließ ein sanfter Wind die Blumen und Gräser nicken und die Bäume und Büsche sich leise wiegen, als tanzten sie zu einer kaum hörbaren Musik. An einem anderen Tag hätte er jetzt angefangen, zu träumen, sich Geschichten ausgedacht und aufgeschrieben… aber nicht heute.
Er dachte an Sky, wie sie seine Kurzgeschichten immer geliebt und gelobt hatte, wie er seine Gedanken mit ihr hatte teilen können, ohne dass sie ihn wie manche anderen schräg angeschaut hatte. Sie hatte ihn immer besser verstanden als jeder andere. Und jetzt war er schon drei Tage zu Hause, ohne dass sie oder irgendjemand anderes ihn besucht hatte… niedergeschlagen schüttelte er den Kopf.
Wie sollte es jetzt nur weitergehen? Er konnte nicht für den Rest seines Lebens hier sitzen und Trübsal blasen, obwohl es verlockend erschien… Immerhin waren ihm sehr wichtige Dinge genommen worden. Die Fähigkeit, zu laufen, zu reiten, Fahrrad zu fahren… er konnte noch viel mehr aufzählen.
In Gedanken versunken, rollte er zurück und steuerte seinen Schrank an. Er wusste noch nicht wirklich, was er da tat, als seine Hand schon nach dem Knauf griff…
Sein Blick fiel sofort auf die längliche Schachtel, die an der hinteren Schrankwand stand. Instinktiv griff er danach und hob den schweren Pappkarton auf seinen Schoß. Hastig öffnete er sie, griff hinein und holte mit zitternden Händen eine wunderschöne Violine heraus. Mit den Fingern strich er über das glänzende, polierte Holz, zupfte an den Saiten und dachte lächelnd: „Nicht alles, was mir wichtig war, ist mir genommen worden…“
Wie lange hatte er seine Geige schon nicht mehr aus dem Schrank geholt! Es musste eine halbe Ewigkeit sein. Und doch war sie gepflegt und sah aus wie neu - seine Mutter musste das getan haben. Will seufzte. Sie war immer so stolz auf ihn gewesen, sie hatte seine Musik geliebt wie niemand anderes… Es hatte sie schwer getroffen, dass er damals aufgehört hatte, zu spielen.
Probeweise nahm er die Violine ans Kinn und spielte mit dem leichten Bogen ein leises a an. Der Kammerton.
Plötzlich fiel ihm alles wieder ein, alles was damals passiert war, weswegen er seine Geige in den Schrank gesperrt hatte und nie wieder hervorgeholt hatte… bis heute nicht. Er schluckte und ließ sie langsam wieder auf den Schoß sinken.
Aber alles das war längst Geschichte… es war passiert und ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Genau wie der Unfall. Und wenn er ohnehin ein neues Kapitel in seinem Leben begann, warum nicht alles Alte vergessen und wieder anfangen, Geige zu spielen? Der Gedanke hatte etwas Tröstendes, Beruhigendes.
Will hob die Geige wieder ans Kinn und spielte ein paar Töne, eine einfache, bekannte Melodie, eine Etüde, die er früher im Unterricht hatte endlos rauf und runter spielen müssen. Jede Stunde hatte damit begonnen… Die Erinnerungen drohten ihn zu überwältigen.
Mit welcher Leidenschaft er immer gespielt hatte!
Will verfiel in eine langsame, romantische Melodie, ein Stück, das er immer am liebsten gespielt hatte. Seine Finger fanden wie von selbst die richtigen Stellen, der Bogen strich mit alter Hingabe über die Saiten. Nein, das hatte er vermisst.
Langsam vergaß er alles um sich herum, vergaß den Rollstuhl, vergaß seine Beine, vergaß Windmill und Sky und alle anderen. Hier waren nur noch er und die Musik, seine alte Leidenschaft und die Passion, mit der er spielte.
Den letzten Ton zog er besonders in die Länge, er lauschte ein letztes Mal dem vertrauten Klang seiner Geige, dann ließ er sie wieder sinken. Überwältigt verharrte er einige Zeit und starrte auf seine Hände.
War das ein Zeichen? War das eine Zusage Gottes?
Es wollte es kaum wahrhaben, kaum begreifen, und doch wusste er: Gott hatte es so gelenkt, hatte ihn das Instrument finden lassen, um ihm zu zeigen, dass alles gut werden würde.
In einem einzigen Atemzug griff er an die Seiten seines Rollstuhls und eilte zur Tür hinaus, wo er beinahe mit seiner Mutter zusammenstieß.
„Will? Was machst du denn hier…? Es ist Besuch für euch da, eure Freunde vom Gnadenhof.“
„Oh, Mama“, sagte er atemlos. „Ich will wieder ins Orchester.“

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Characters featured:
Willem Fischer, a passionate violinist

Want to know which song he's playing?
This one...

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Why this took so long, you ask?
well... I finished the sketch a few weeks ago, but... I loved it so much and I didn't want to screw it up with ink xD
thank goodness everything went well. I really like this pic... it's somehow the best pic I ever drew of Will xD

Art, story, characters (c) by me
This video was my reference- I partially traced because I can't draw violins ^^;
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© 2012 - 2024 Shotechi
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Owllover96's avatar
Bild is toll, Geschichte auch, wie immer *___* <3